Familie, 2 Kinder (2, 7 J): Mutter Beruf Lehrerin, Vater Beruf Selbständiger Handwerksmeister (Daten sind entfremdet)
Ich bin Mutter von zwei Kindern im Alter von 2 und 7 Jahren, wobei eines an einer schweren chronischen Krankheit leidet. Mein Mann führt einen kleinen Betrieb und kann daher keine Erziehungszeit übernehmen.
Wenn ich nicht in Elternzeit bin, arbeite ich als Lehrerin – ebenfalls in Präsenz. Leider haben wir keine Möglichkeit, auf die Elternzeit zu verzichten, da wir unsere Berufe nicht von zu Hause aus ausüben können. Zudem ist es mir als Mutter besonders wichtig, die ersten Entwicklungsschritte meiner Kinder selbst zu erleben und sie in den ersten zwei entscheidenden Lebensjahren intensiv zu begleiten.
Grundsätzlich stimme ich Ihnen zu, dass Elterngeld ab einer bestimmten Einkommensgrenze nicht mehr gezahlt werden sollte, da finanziell gut aufgestellte Familien es nicht zwingend benötigen. Allerdings zeigt sich häufig, dass wohlhabendere Menschen ungern auf solche Leistungen verzichten möchten.
(Albert Sauter) Das stimmt in der Tat. Auch dürften „Wohlhabende“ erst Erspartes einsetzen, bevor die Gesamt-Gesellschaft unterstützen muss.
Allerdings ging es mir in meinem Beitrag um etwas anderes:
Mit der Elternzeit geben wir jungen, gut ausgebildeten, leistungsfähigen Menschen den Anreiz, ihre berufliche Tätigkeit zu unterbrechen, um sich der Kindererziehung zu widmen; bis zu drei Jahren und streckenweise auch mit dem Partner zusammen. Das ist zwar nett, aber als Vater von drei Töchtern weiß ich, dass so viel Präsenz nicht zwingend nötig ist. Diese Menschen fallen an anderer Stelle aus:
für Schüler, Kindergartenkinder, für Gäste in Restaurant, für Menschen, die auf ihren Elektriker warten. Zudem, so mein Eindruck, wird Elternzeit nicht immer für den Zweck eingesetzt, für den sie gedacht ist: nämlich die Kinder zu betreuen. Statt dessen wird die Zeit für die Renovierung des Hauses, eine gemeinsame Reise oder ein anderes privates Projekt eingesetzt.
In dieser Zeit müssen andere im Beruf die Stellung halten. Die Lehrerkollegin, die Vorgesetzte, in kleinen Betrieben oft die Inhaber selbst. Irgendwann sind diese Menschen erschöpft und schließen ihren Betrieb.
Stellen Sie sich vor, Ihr Mann würde einen Gesellen einstellen, um die Arbeit besser zu bewältigen und dadurch mehr Aufträge bearbeiten zu können. Wenn dieser Mensch dann ein halbes Jahr Elternzeit nimmt, muss Ihr Mann erst mal für zwei arbeiten – und Sie und Ihre Kinder sehen ihn noch weniger.
Das kann nicht das Ziel der Elternzeit sein.
Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass nicht jeder Betrieb eine eigene Kita anbietet und es ohnehin bereits eine große Herausforderung ist, einen Kita-Platz für Kinder unter drei Jahren zu bekommen.
Stimmt, das hat kaum ein Betrieb und ich kenne die Schwierigkeit, einen Kita-Platz zu ergattern.
Bitte berücksichtigen Sie diese Perspektiven und Lebensrealitäten, bevor Sie erneut die Abschaffung der Elternzeit in Betracht ziehen. Vielen Dank! Mein Anliegen ist nicht als Kritik gemeint, sondern vielmehr als Denkanstoß.
Ich verstehe Ihre Bedenken. Mein Gefühl ist, dass uns der Verlust an beruflicher Leistung enorm schmerzt und wir alles dafür tun sollten, jungen Eltern die Rückkehr in den Beruf so leicht wie möglich zu machen; also flexible Arbeitszeitmodelle und eine finanzielle Unterstützung bei Teilzeitlösungen beispielsweise. Und natürlich einen besseren Zugang zu Kinderbetreuung.
Mittelständischer Betrieb in der Logistikbranche
Unsere Logistik-Unternehmensgruppe stand im vergangenen Geschäftsjahr vor der Herausforderung, Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall in Höhe von rund 700.000 Euro im gewerblichen Bereich zu leisten. Zusätzlich mussten wir nahezu die gleiche Summe für Leiharbeitsfirmen aufbringen, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.
In diesem Zusammenhang spielt oft die sogenannte „Bettkantenentscheidung“ eine entscheidende Rolle.
Wäre es daher nicht an der Zeit, erneut über die Einführung von Karenztagen nachzudenken?
Das ist ein sehr gutes Beispiel, was zeigt, welche gewaltigen aber versteckten Kosten unser Wirtschaftssystem aktuell zu tragen hat, mit der Folge von höheren Endverbraucher-Kosten für uns alle als Konsumenten.
Es wurde kritisiert, dass Elternzeit ja nichts sei, was den AG plötzlich betrifft, sondern über Monate angekündigt werde. Der Betrieb könne sich also auf die Situation einstellen. Was sagen Sie dazu?
Natürlich kündigt sich bei Frauen Mutterschutz und Elternzeit planbar an, das ist richtig. Im günstigen Fall etwa fünf Monate. Nichtsdestotrotz wachsen Fachkräfte nicht auf den Bäumen, sondern, diese müssen gesucht, ins Unternehmen eingearbeitet und im Fachgebiet angelernt werden. Eine erfahrene Kollegin kann nicht binnen eines halben Jahres ersetzt werden. 2. Rückkehrrecht. Elternzeitliche sollen und müssen an ihren alten Arbeitsplatz zurückgenommen werden. Das kollidiert regelmäßig mit Ersatzeinstellungen. Ein Zeitvertrag für die Ersatzeinstellung mindert die Attraktivität der Stelle, eine mögliche Doppelbesetzung nach Rückkehr ist nicht wirtschaftlich.
3. Um für die Zeit der Elternzeit jemanden weiteren einzustellen, braucht es Stellenausschreibungen, Bewerbungsgespräche, Einarbeitungszeit. Ein größeres Unternehmen kann das stemmen – aber in einem Betrieb aus zehn Leuten wird das schon viel schwieriger.
Und schließlich ganz krass: Bei Männern beträgt die Ankündigungszeit bis zum Austritt wegen Elternzeit gerade mal 7 Wochen. So schnell kann niemand reagieren.
Die Frage kam auf, wie denn der Fachkräftemangel behoben werden könne, wenn Kinderkriegen immer weniger gefördert werde, zB. Bei einem Wegfall der Elternzeit.
Die Elternzeit wurde zum 1. Januar 2007 eingeführt. Die Geburtenrate im Jahr 2006, also im Jahr vor Einführung, lag bei 1,33 Kinder pro Frau. In der Tat ist die Geburtenrate dann etwas angestiegen, auf maximal 1,6 Geburten pro Frau im Jahr 2016. Seither ist die Geburtenrate aber wieder gesunken: 2023 lag sie bei 1,35 Kindern pro Frau, also ziemlich genau dort, wo sie vor Einführung der Elternzeit lag. Tendenz, weiter sinkend. Diese Zahlen stammen vom statistischen Bundesamt und der Weltbank.
Offenbar, so auch die Meinung eben genannter Quellen, hat die Elternzeit zusammen mit Zuwanderung kurzfristig zu einem positiven Effekt geführt. Mittlerweile scheint sich der Effekt jedoch egalisiert zu haben. Wir müssen also neue Anreize schaffen, dass sich junge Menschen trauen, Kinder zu bekommen. Da denke ich an … Die Elternzeit hat also nichts in Richtung mehr Geburten gebracht.
Was aber vollkommen berechtigt ist, ist der Hinweis auf den Fachkräftemangel oder insgesamt auf den Arbeitskräftemangel in unserem Land. Da wir diesen Mangel durch höhere Geburten leider nicht beheben können, brauchen wir den Zuzug von Menschen aus anderen Ländern nach Deutschland. Deshalb gilt mit Blick auf die kommende Bundestagswahl: Wer meint, gegen Immigration und die Integration von Menschen stimmen zu müssen, der hat sich seinen Verstand vernebeln lassen und hat nicht begriffen, wie unser Land funktioniert und was es zu Entwicklung braucht.
Außerdem wurde gefragt, wie Sie die Finanzierung der Krippenplätze für Kinder ab einem Jahr gewährleisten wollen. (Deren Angebot ja ohnehin nicht ausreichen würde, abgesehen von den horrenden Kosten dafür).
Es stimmt vollkommen, dass Kleinkinder und Babys in guten Händen sein müssen. Wenn es nicht bei den Eltern sein kann, dann erst mal am Besten bei der Oma oder jemand aus der Familie. Es ist auch falsch wenn „der Staat“ jedes Problem lösen muss. Etwas eigene Kreativität mit Großeltern, Au-Pairs oder privatwirtschaftlichen Tagesmüttern ist immer besser, als eine große „staatliche Lösung“. Aber, völlig richtig, wir brauchen mehr KITA-Plätze. Hier scheint mir der Amtsschimmel in Form strenger Regulatorik bei Tagesmüttern und KITAs bzw. Krippen ganz ordentlich zugeschlagen zu haben. Das würde ich als erstes liberalisieren, damit solche Angebote einfacher gemacht werden können, es mehr Plätze gibt und diese damit auch günstiger werden. Und noch etwas Positives: Geld wäre durch den Wegfall der Elternzeit ja vorhanden, damit lassen sich solche Einrichtungen unterstützen.
Mit dem Hinweis, es müsse Vätern leichter gemacht werden, für die im ersten Jahr da zu sein anstelle der Mutter, kam die Frage auf, wo der Gewinn für den AG liegt, wenn trotzdem einer von beiden an seinem Arbeitsplatz fehlt.
Wenn der Mann seiner beruflichen Tätigkeit nicht nachgeht, dann fehlt er dort. Das ist absolut richtig. Aber nur ein fehlendes Elternteil ist schon mal besser, als wenn beide Elternteile fehlen würden, was heute möglich ist. Das gemeinsame Fehlen ist zwar nett für die Betreffenden, aber als Vater von drei Töchtern weiß ich, dass so viel Präsenz nicht zwingend nötig ist. Diese Menschen fallen an anderer Stelle aus: Für Schüler, Kindergartenkinder, für Gäste in Restaurant, für Menschen, die auf ihren Elektriker warten. Zudem, so mein Eindruck, wird Elternzeit nicht immer für den Zweck eingesetzt, für den sie gedacht ist: nämlich die Kinder zu betreuen. Statt dessen wird die Zeit für die Renovierung des Hauses, eine gemeinsame Reise oder ein anderes privates Projekt eingesetzt. Und, ich würde mir wünschen, dass das betreuende Elternteil zumindest halbtags, z.B. Vormittags, der Arbeit nachgehen kann.
Und nicht zuletzt: Wo sehen Sie AG in der Pflicht, Müttern mit Säuglingen das Arbeiten überhaupt zu ermöglichen (wenn die Kinder bspw. gestillt werden, was nun mal der Vater nicht leisten kann), Stichwort Betriebskindergärten.
Ich sehe den Arbeitgeber ganz klar in der Pflicht, alles Mögliche zu tun, um es den schwangeren Frauen und dann den jungen Eltern so einfach wie möglich zu machen. Da gibt es eine ganz Menge, wie z.B. Vermeidung von schweren Tätigkeiten für die Schwangeren, oder das Vermeiden von Reisen. Dann tun sich durch Homeoffice oder „mobiles Arbeiten“ für diese Lebensphase sehr hilfreiche Möglichkeiten auf, speziell im Hinblick auf das Stillen. Hier bestehen Möglichkeiten, die wir vor 20 Jahren noch nicht hatten.
Der Arbeitgeber kann Tagesmütter oder Krippen unterstützen oder Kooperationen eingehen. Eigene Betriebskindergärten sind nur für echte Großunternehmen möglich, weil mit viel Regulatorik und Kosten verbunden.
6 Replies to “Gespräche & Austausch zur Elternzeit”