Tempolimit auf der B27 – mit Vollgas zum Kompromiss

Zollern-Alb-Kurier

Tempo 120 auf der B 27 zwischen Balingen-Nord und der Kreisgrenze bei Bodelshausen wird an zwei Stellen aufgehoben. Ein
Teilerfolg für Albert Sauter.

von Klaus Irion

Dreieinhalb Stunden Verhandlung beim Verwaltungsgericht Sigmaringen und ein mehrfach modifizierter B 27-Kompromiss:
Am Ende hieß es Tempo 130 zwischen Balingen-Nord und Bisingen-Steinhofen, dann Tempo 120 bis Hechingen- Nord und schließlich Vollgas bis Bodelshausen.

Im Raum gestanden hatte zunächst auch freie Fahrt zwischen Balingen-Nord und Bisingen-Steinhofen. Doch die Vertreter der Stadt Balingen, allen voran Helmut Haug von der Verkehrsbehörde, waren skeptisch, ob Balingens Oberbürgermeister Helmut Reitemann diesem Vergleich seine Zustimmung erteilen würde.
Denn das wäre allem zuwidergelaufen, was das Stadtoberhaupt in den vergangenen Jahren mit den bundesstraßengeplagten
Bewohnern von Balingen-Engstlatt in Sachen Lärmschutz ausgehandelt hatte.

Parteien finden Kompromiss bei Tempolimit 130 auf Höhe Engstlatt

Es bedurfte einiger Überzeugungsarbeit während einer Sitzungsunterbrechung, dann willigten der Kläger, der Balinger Unternehmer Albert Sauter und sein Anwalt Matthias Harnack ein, dass man auf Höhe Engstlatt nicht ohne Beschränkung, aber auch nicht „nur“ 120 Kilometer pro Stunde fahren darf. Man einigte sich auf das Tempolimit von 130.

Nicht wissend, ob OB Reitemann nun auch zufrieden sein würde. Bis zum 20. Dezember haben der bereits genannte Kläger wie auch die Beklagten – das sind das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Landratsamt Zollernalb sowie die Stadt Balingen und die Verwaltungsgemeinschaft Hechingen/Rangendingen/Jungingen – noch die Möglichkeit eines Widerrufs.

Erst danach wäre der vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen erzielte Vergleich rechtskräftig.

Für den Vorsitzende Richter Paur war es nach eigenen Angaben, „ein ungewöhnlicher, aber sehr interessanter Prozess“.

Auf leichtes Unverständnis fiel bei ihm jedoch die ganz zuletzt getroffene Tempo-130-Entscheidung. Seiner Ansicht
nach hätte man ja dann auch zwischen Balingen-Nord und Bisingen-Steinhofen die Tempo-120-Beschränkung
aufrechterhalten können.

Kurioser Prozessverlauf
Zu Beginn des Prozesses am Dienstag hatte niemand mit diesem Ausgang gerechnet. Dass Albert Sauters Klage zulässig war, daran gab es für die 3. Kammer um Richter Paur keinen Zweifel.

Als formal rechtswidrig erwies sich jedoch, dass der Tempo-120-Erlass im Jahr 2015 für alle drei Beklagten gemeinsam
allein vom Landratsamt Zollernalb ergangen war.

Stattdessen hätten seinerzeit die Stadt Balingen und die Hechinger Verwaltungsgemeinschaft eigene Erlasse für die B 27-Abschnitte auf deren Gemarkung erlassen müssen. Das Landratsamt wiederum wäre ausschließlich für den Gemarkungsbereich
Bisingen zuständig gewesen.

Folge: Hätte man den jetzigen Kompromiss nicht gefunden, wäre am Dienstag nur über den Bisinger B 27-Bereich weiterverhandelt worden.

Kassiert hätte Richter Paur wohl auch einen der drei Gründe, die seinerzeit dazu geführt haben, dass das Regierungspräsidium den Widerspruch von Albert Sauter zur Tempo-120-Entscheidung des Landratsamts abgelehnt hatte.

Denn das Verkehrsaufkommen auf der B 27 sei mitnichten so groß, dass sich dadurch eine akute Verkehrsgefährdung ergebe. Die Ablehnungsgründe zwei und drei wiederum – das teilweise Fehlen und die teilweise zu geringe Breite der Randstreifen sowie die Unfallhäufigkeit der vergangenen Jahre infolge zu schnellen Fahrens – hätten die Verkehrsbehörden in einem aufwendigen und teuren Sicherheitsaudit klären lassen müssen.

Nach einer längeren Beratung nahmen die Landkreis-Amtsleiter Hardy Losekamm (Verkehr), Johannes Noltenius (Recht und Ordnung) und Jan-Peter Lorenz (Straßenbau) von der Verkehrsuntersuchung Abstand und handelten unterstützt von den Vertretern der Städte Balingen und Hechingen sowie des Regierungspräsidiums den Kompromiss
aus.

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