Entgegnung auf das Ansinnen des „Aus“ des B27-Tunnels

Liebe Freunde, sehr geehrte Pressevertreter,

Am 23. April, letzte Woche hat sich der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer gegen den Bau des vierspurigen B27 Tunnels ausgesprochen.

Begründet hat Herr Palmer diese Aussage mit dem Widerstand, der sich gegen den Tübinger Teil des Regionalstadtbahnprojektes regt, und des Weiteren mit den Kosten des Tunnels und schließlich mit der Abnahme zur Abnahme des Straßenverkehrs wegen der Elektromobilität.

Alle drei Argument verursachen Verwunderung und Erstaunen. Ein kleiner Blick darauf lohnt die Mühe:

  1. Straßenverkehr und Bahnverkehr: Straßen- und Bahnverkehr sind tatsächlich unterschiedliche Verkehrsmittel (!). Solange Herr Palmer nicht die Bahnverladung von PKWs im Schindhaubasistunnel vorschlägt, haben diese beide getrennten Verkehrsmittel nichts miteinander zu tun und werden unabhängig voneinander gebraucht.

Unsere Gesellschaft benötigt leistungsfähige und funktionierende Fern- und Schnellstrassen genau so dringend wie leistungsfähige Bahnverbindungen. Dass diese Bahnverbindungen idealweise als Stadtbahn umsteigefrei bis direkt zu wichtigen Infrastruktureinrichtungen führen sollten – wie den Tübinger Kliniken – steht widerspruchsfrei fest. Deshalb ist auch der Tübinger Teil des Regionalstadtbahnprojektes richtig und wichtig für Tübingen und für die Region.

  • Kosten des Tunnels: Ja, der Tunnel kostet viel Geld. Aber dennoch ist es richtig, das fehlende Verbindungsstück der durchgängigen vierspurigen Trasse als Tunnel zu planen und zu bauen. Dass es überhaupt dazu kam, dafür trägt die Stadt Tübingen im hohen Maße selbst die Schuld, indem günstigere Trassen-Vorschläge gekippt wurden. Zum anderen ist der Landschaftsverbrauch bei einer Tunnellösung minimal, ebenso wie die Lärmbelästigung der dort nicht vorhandenen Anwohner.

Aber schlimmer noch: Alternativ zum Tunnel schlägt Herr Palmer nicht etwa eine oberirdische vierspurige Trasse vor. Nein, seine Lösung sind Fußgängerbrücken: Überführungen für Fußgänger und Radfahrer über die bestehende und unveränderte zweispurige Trasse. Das würde die Fortsetzung der Staus, Verkehrsbehinderungen und unermesslich viele Stunden, Tage, Jahre Wartezeit der geplagten Verkehrsteilnehmer in Tübinger Staus bedeuten. Wir dachten immer, Politik sei für die Menschen und zur Verbesserung ihrer Lebensumstände da. Herr Palmer hat zu Leid und Kummer anderer wohl eine eher „eigene“, Einstellung.

Stockender Verkehr ist schlecht für die Umwelt, für die Wirtschaft und für unsere Gesundheit.

Ware kommt nicht rechtzeitig an, es wird mehr Sprit verbraucht – Unternehmen und Privatfahrer leiden beide finanziell unter den verstopften Straßen. Staus bedrohen das Wirtschaftswachstum und beeinträchtigen die Lebensqualität, im Besonderen auch die der Tübinger Anwohner.

Eine Stunde Leerlauf kostet einen Liter Kraftstoff, erklärt der TÜV Süd. Ein höherer Benzinverbrauch bedeutet, dass mehr CO2 in die Atmosphäre gepustet und der Treibhauseffekt verstärkt wird. Im Kampf gegen den Klimawandel gilt es das zu vermeiden, denn bei über 35.000 Fahrzeugen am Tag kommt da einiges zusammen.

  •  Abnahme des Verkehrs durch Elektromobilität: Dies ist tatsächlich eine erstaunliche Annahme. Die Entwicklung des Straßenverkehrs kennt seit es ihn gibt nur eine Richtung: Steil bergauf. Alleine in den letzten 30 Jahren nahm der Strassenverkehr um 50% zu, also um die Hälfte in einem Zeitraum, den die meisten von uns überblicken können. Nicht alle blicken so weit: Herr Palmer meint, dass sich dies jetzt ändere. Die Wahrscheinlichkeit dafür, ist etwa ähnlich hoch wie der dass der VfB in dieser Saison deutscher Fussballmeister wird. Nein, Herr Palmer, selbst wir von den Alb, werden an Tübingen künftig wohl nicht, hoch zu Roß, vorbei reiten.

Bei Lichte betrachtet, ist dieser Vorstoß des Tübinger Oberbürgermeisters der Region gegenüber – seiner Region gegenüber – unsolidarisch.

Sein Vorstoß muss als Blick auf rein Tübinger Belange interpretiert werden, der der umliegenden Region deutlich macht, wie „gern“ sie ihn haben kann. Herr Palmer wird wissen, dass jede maßgebliche Umplanung des B27 Projektes wieder zu einer Verzögerung von 30 Jahren führen wird. Damit wäre wieder für eine komplette Generation der Fortschritt vertan.

Herr Palmer scheint nicht verstanden zu haben, dass Stadt und Region nicht in einem „Gegeneinander“ stehen, sondern dass wir eine Gemeinschaft bilden, die nur in einem „Miteinander“ weiter kommt. Nicht „jeder Kirchturm-für-sich“, sondern Stadt und Land können nur gemeinsam die Herausforderungen schultern, nur gemeinsam Zukunft gestalten und Gesellschaft entwickeln.

Für Tübingen in einer Region mit Reutlingen und der Zollernalb gilt das im besonderen Maße: Für wohnraumsuchende Familien, für Gewerbebetriebe und speziell für das Patienten-Reservoir der Tübinger Kliniken durch die Menschen in der Region.

Auch das Regionalstadtbahnprojekt und der Tübinger Innenstadt-Abschnitt ist richtig und wichtig für die Region. Denn, jeder gefahrene Bahnkilometer ist besser und nachhaltiger als jeder gefahrene Strassenkilometer. Dafür wollen wir den Tübinger Bürgerinnen und Bürgern die Hand reichen und sie bei diesem großartigen Projekt unterstützen. Wir alle in der Region Neckar-Alb hängen von moderner und leistungsfähiger Infrastruktur ab, nur so hat unsere schöne Region eine Zukunft.

Lasst uns diese bitte nicht gegeneinander, sondern miteinander gestalten.

Wir danken Ihnen !!

Ihre Denkfabrik Zollernalb

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