Stadtbahn Zollernalb

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Balingen, den 29.01.2021

Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren, liebe Freunde und herzlich willkommen an alle Zuschauerinnen und Zuschauer an den Bildschirmen, die uns über den Livestream folgen, liebe Pressevertreter.

Herzlich willkommen zur dritten Projektvorstellung – zur dritten Vorstellung eines Leuchtturmprojektes aus dem Bereich Bahnverkehr. Heute geht es um das letzte Thema aus dieser Reihe: Dem Bahn-Nahverkehr, für uns ganz konkret der Stadtbahn Zollernstadt.  

Unsere Gäste heute sind

  • Dr. Seidemann, Regionalverband
  • Dr. Ulrich Kohaupt und Jochen Gewecke, Pro RegioStadtbahn e.V.
  • Herr Baumeister

Titel Folie

Nachdem wir schon die Bahn-Themen „Fernverkehr“ und „Regionalverkehr“ mit den Pendlern nach Stuttgart, Tübingen, Reutlingen aber auch Rottweil betrachtet haben, geht es heute ans „Eingemachte“: Mit dem Thema „Bahn-Nahverkehr“ befassen wir uns primär mit dem Bahnverkehr innerhalb unseres Landkreises.

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Dieser Verkehr besteht vor allem aus Schülerverkehren, sowie aus „Binnen-Pendlern“, die innerhalb unseres Landkreises wohnen und arbeiten und – nicht zuletzt aus dem Freizeitverkehr. Alleine die regelmäßigen Fahrten zu Freizeitaktivitäten, zur Arbeit und dienstlicher Natur, machen 73% unseres gesamten aktuellen Verkehrsaufkommens mit dem PKW aus.

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Die große Herausforderung ist also, die Binnen-Pendler zur Arbeit und zur Freizeiteinrichtung vom Einzel-PKW auf die Bahn umzulotsen.

Schließlich beinhaltet der Nahverkehr auch die Fahrten zum Einkauf, zum Arzt, zu Kliniken sowie als Bindeglied zwischen Fern- und Regionalverkehr und den lokalen Zielen, also dem Erreichen der lokalen Zieldestinationen wie die Arbeitsstelle oder dem Wohnort. Kurz: Nach langer Reise ist der Nahverkehr die Brücke nach Hause.

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Guter Nahverkehr ist wichtig aus folgenden Gründen:

  1. Urbanisierung

Auch wenn die Preise und Kosten für den „Häuslesbau“ in unserem Landkreis deutlich unter denen in anderen Landkreisen liegen (siehe Tübingen oder Stuttgart), so gibt es doch auch bei uns gravierende Unterschiede zwischen Stadt (z.B. Albstadt, Balingen, Hechingen) und den Dörfern in unserer schönen Region.

Deutschland schöpft seine Kraft aus den dezentralen wirtschaftlichen Strukturen: Es sind also nicht die Arbeitsplätze in Berlin, nach denen wir primär streben. Ebenso attraktive Arbeit gibt es bei uns zum Beispiel in Rosenfeld, in Tieringen oder Tailfingen.

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Um dörfliches Leben zu erhalten und auszubauen, sind wir aufgerufen, modernen ÖPNV in die Dörfer zu bringen und diese an den Zollernalbkreis, an Baden-Württemberg und schließlich an die Welt anzubinden.

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  • Verstopfte Straßen – auch bei uns im ZAK

Ja, Staus gibt es auch in unserer Region. Auf den Bundes- und Landstrassen zwischen den größeren Zentren aber auch auf den Achsen durch die Städte hindurch, ergießt sich der Autoverkehr heute schon Stoßstange an Stoßstange. Die Fahrzeuge fahren in unendlichen Kolonnen, dicht an dicht. Oft kann der Verkehr fließen – der Himmel sei Dank – aber wenn es zu Störungen kommt, dann bilden sich schnell lange Staus. Staus also nicht zwischen Stuttgart und München, sondern täglich zwischen Tailfingen und Ebingen, zwischen Balingen und Endingen, vor Dotternhausen oder durch Lautlingen hindurch, sind Tatsachen unseres Alltages.

In Zahlen: Die Erhöhung des Verkehrsaufkommens um 65% in den letzten 30 Jahren – also seit 1990 wird auch an unserem Landkreis nicht spurlos vorbei gegangen sein. (Quelle: BMVI: Verkehr in Zahlen 2018/2019)

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  • Energie- & Verkehrswende

Ein weiteres starkes Argument „Pro Bahn“ ist die geplante und beschlossene Energiewende. Hier ist unser Ziel bis 2040 70% CO2 gegenüber dem Stand von 1990 einzusparen. Nach offizieller Statistik haben wir auf diesem Weg schon etwa 30% geschafft. Wenn das stimmt, dann liegen noch 40% vor uns, die wir in 20 Jahren einzusparen haben.

40% ist eine ganze Menge, fast die Hälfte unseres bisherigen CO2-Ausstoßes. Dieses Ziel betrifft deshalb alle Bereiche des privaten und wirtschaftlichen Lebens in

Deutschland, also auch den Verkehr!

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Da der Straßen-Individualverkehr die heute stark dominierende Art der Fortbewegung vor allem bei uns im ländlichen Raum ist, werden wir um Einschnitte hier nicht herumkommen. Einfache Rechnung: Wenn 4 von 10 Fahrten vermieden werden könnten, dann wäre das Klimaziel zu erreichen.

Batterie-Autos sind keine Alternative und so bleibt – jedenfalls nach aktueller Lage – nur das Ausweichen auf den Bahnverkehr.

Der größte Hebel für einen CO2-Vemeidungsbeitrag im Verkehrswesen liegt klar im Nahverkehr.

Die Grafik zeigt, dass Fahrten bis zu 20 km Länge den Löwenanteil unseres Verkehrsvolumens ausmachen – nämlich über 75%.

Wenn es also gelingen sollte, die Nahverkehrsfahrten zur Arbeit, zur Schule und vor allem zu Freizeitaktivitäten auf öffentliche Verkehrsmittel umzulenken, wären die Klimaziele wohl erreichbar.

Was muss also getan werden, um mehr und junge Familien zum Verbleib in unserer schönen Region oder zum Zuzug hierher zu bewegen (Urbanisierung), was muss getan werden, damit wir hier nicht selbst in unserem Straßenverkehr ersticken (verstopfe Straßen) und was können wir zur Rettung des Klimas hier in unserer schönen Region im Bereich des Nahverkehrs tun (Energiewende) ? Auf diese Fragen, versuchen wir jetzt Antworten zu geben.

Was muss durch den Nahverkehr erreicht werden können?

Was sind die Ziele des Nahverkehrs?

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  1. Gute Anbindung von Schulen, Gewerbe und Stadtzentren

Primär ist wichtig, dass die regelmäßigen Ziele der Menschen mit Bus und Bahn gut erreichbar sind. Hier haben wir als erstes die Schulen und Bildungseinrichtungen: Diese sind durch Bus und teilweise durch Bahnlinien erschlossen. Erwähnenswert ist hierfür die Talgangbahn in Albstadt die in besonderer Weise Bedeutung für Schülerverkehre haben kann. Aber unter anderen haben auch die Berufsschulen, die Walddorfschule Balingen und natürlich die Fachhochschule in Albstadt Schülerverkehre, die deutlich über den Ortsbereich deutlich gehen.

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Noch mehr Potential für einen kreisweiten Nahverkehr haben die Binnenberufspendler, die heute zwischen 60 und 70 % den PKW-Individualverkehr vorziehen (siehe Grafik unten: Einzelfahrer und Fahrgemeinschaften zusammengerechnet). Um den Pendlerverkehr vom PKW auf den Bus oder auf die Regionalbahn zu bringen, müssen die großen und kleinen Gewerbezentren angeschlossen und angefahren werden. Eine der Herausforderungen wird es sein, diese Verkehre von Quelle zum Ziel möglichst umsteigefrei zu gestalten, da dies wohl die zentrale Voraussetzung für deren Akzeptanz sein dürfte.

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Schließlich muss der Nahverkehr die Stadt- und Ortszentren schnell erreichen, um Arzt- und Krankenhausbesuche sowie Sport-, Ausgeh- und Freizeitaktivitäten per Bahn oder Bus zu ermöglichen.

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Städtebaulich muss die Zersiedelung beschränkt werden. Stadt- und Ortszentren müssen mit ÖPNV gut erreichbar sein, aber ebenso Krankenhäuser, Kliniken oder andere zentrale Elemente der Infrastruktur und Daseinsvorsorge. Gleichmaßen sollten Sport- und Freizeiteinrichtungen angeschlossen werden oder gleich in der Nähe von Bahnhöfen oder entlang großer Buslinien gebaut werden.

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  • Gute Taktung

Neben der örtlichen Erreichbarkeit von öffentlichen Transportlinien ist die gute Taktung dieser Linien von entscheidender Bedeutung, also der Frage, wie lange auf den nächsten Zug oder auf den nächsten Bus gewartet werden muss.

Taktung bedeutet auch, dass ein verlässlicher zeitlicher Takt eingerichtet wird. Z.B. alle 30 Minuten, so dass sich die Fahrgäste ohne großes Fahrplanstudium darauf einrichten können.

Taktungen die sicherlich zu hoher Akzeptanz öffentlicher Verkehrsmittel führen würden, wären:

  • alle 30 Minuten auf Hauptverkehrsstrecken
  • alle 60 Minuten auf Nebenstrecken, in Dörfer und nach 18 Uhr

Als gutes Beispiel darf hier wohl die Schweiz gelten, in der aus diesem Grund Bergdörfer mitunter im verlässlichen Stundentakt über Postbusse angebunden werden.

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  • Gute Bepreisung

Der öffentliche Nahverkehr muss nicht billig sein, aber er muss preislich attraktiv gegenüber dem PKW-Einzelverkehr werden.

Hier wäre die Empfehlung, gleichzeitig die Kosten des PKW-Verkehres anzuheben z.B. über Sprit-Steuern und andererseits günstige Jahres-Tickets für den Nahverkehr anzubieten. Nicht das Einzelticket braucht billig sein, aber das Dauerticket für regelmäßig Schüler, Berufs- und Freizeitpendler muss attraktiv sein.

Möglicherweise könnte ein steuervergünstigtes Modell gefunden werden, in dem der Arbeitgeber sich an den Kosten beteiligt, z.B. mit 50%.

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  • Moderne & schnelle Busse und Bahnen

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Letztlich spielt auch die Fahrtgeschwindigkeit und der Fahrtkomfort eine Rolle: Nur wenn die Fahrtzeit über den ÖPNV nicht wesentlich länger ist, als per Einzelfahrt, dann wird das Medium angenommen werden. Intelligente Bus- & Bahnlinien die teilweise durchfahren und dann wieder in Teilabschnitten einzeln halten, sind gefragt.

Der Komfort der alternativen Beschäftigung in Bus und Bahn ist ein Pluspunkt der gegenüber dem Personen-Einzelverkehr „punktet“. Dafür sind moderne Busse und Bahnen notwendig, die Annehmlichkeiten wie WLAN und etwas Platz bieten. Mit dem „eng“ an „eng“ von Schülerbussen, wird es mit Verkehrswende nichts werden.

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Stichwort Geschwindigkeit: Weil die Bahn auf eigener Trasse und Elektrifizierung höhere Geschwindigkeiten und größere Raumangebote auch für Kinderwagen oder Fahrräder bietet als dies Busse vermögen, ist der Bahn aus diesen Gesichtspunkten immer wo möglich der Vorzug zu geben.

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Deshalb können wir uns diese neuen Bahnstrecken vorstellen:

  • Hechingen-Rangendingen-Haigerloch
  • Bisingen-Grosselfingen-Haigerloch-Empfingen-Horb
  • Balingen-Geislingen-Rosenfeld
  • Burladingen-Bitz-Albstadt
  • Schömberg-Tieringen-Meßstetten

Damit wäre der Landkreis zum großen Teil durch Bahn-Infrastruktur erschlossen und Bahnanschluss hätte keinen Seltenheitswert mehr, wie aktuell.

Natürlich ist dieser gewaltige Ausbau teuer und aufwendig. Aber sowenig man schwimmen kann, ohne nass zu werden, sowenig reichen Sonntagsreden für eine echte Klimawende. Echter Fortschritt braucht echte Infrastruktur.

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  • Verzahnung über den Landkreis hinaus

Schüler aus Straßberg, Winterlingen, etc. gehen in die Schulen von Sigmaringen. Familienmütter und –Väter aus Obernheim, Nusplingen, Meßstetten etc. arbeiten in Tuttlingen. Rangendinger und Hechinger pendeln nach Bodelshausen oder Mössingen. Geislinger und Rosenfelder fahren nach Sulz oder Oberndorf am Neckar und so weiter zur Arbeit.

Der Nahverkehr darf nicht an der Landkreisgrenze enden, sondern muss attraktiv in die Nachbargemeinden weitergeführt werden, jedenfalls in solche, deren Pendelströme ins Gewicht fallen.

Insofern muss sich diese Nahverkehrsprojekt des Zollernalbkreises nahtlos in das Regionalstadtbahn-Projekt des Regionalverbandes Neckar-Alb und der Landkreise Reutlingen, Tübingen und Zollernalb eingliedern.

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Fazit:

Bahnverkehr ist Zukunft ! Bahnverkehr vermeidet Staus und trägt einen großen Teil zu Klimarettung bei.

Bahnverkehr braucht Nahverkehr! Ohne die „letzten Meilen“ geht es nicht.

Aber viel wichtiger: Der Nahverkehr ist der „größte Verkehrsbrocken“ überhaupt. Den Nahverkehr auf „Öffentliche“ umzubauen bringt am meisten Nutzen, aber auch die größten Herausforderungen.

Wir wünschen allen Beteiligten im Transportwesen und in Politik sowie Verwaltung viel Erfolg bei der Weiterentwicklung des öffentlichen Nahverkehrs, im Besonderen in unserer Region.

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Schritt und Schritt:

Sie haben schon gesehen, dass wir Großes anregen und für die Region vorschlagen. Aber auch hier wird ein Schritt nach dem anderen zu tun sein.

Ein größerer Schritt ist die anstehende Entscheidung über die Reaktivierung der Bahnstrecke im Albstädter Talgang.

Hierfür gibt es mehrere Ansätze, die wir gerne mit Spezialisten zu diesem Thema diskutieren möchten:

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  1. Regionalstadt-Bahn: Elektrifizierte Bahntrasse mit halbstündigem Bahntakt von Onstmettingen bis Tübingen, mit mehr Platzangebot und höherer Geschwindigkeit, Nutzen-Kosten-Index von 1,43 (idealweise mit Herrn Dr. Seidemann oder mit Vertretern von „proregiostadtbahn“)

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  • Elektrisch-selbstfahrende Busse auf der alten Bahn-Trasse, asphaltiert mit zusätzlichem Radverkehr und ggf. später auch außerhalb der Trasse bis in die Ortszentren und die Wohngebiete fahrend. Jedoch nur zwischen Onstmettingen und Ebingen, aber im 15 Minuten Takt. (Leuchtturmprojekt)
  • Ggf. durch Olaf / Daniel

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  • Stadt-Seilbahn .. (ggf. Herr Zaar)

Wir freuen uns das Thema mit diesen Gästen diskutieren zu dürfen….

Ggf. Votum der Zuschauer für die verschiedenen Konzepte

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Ein weiterer Schritt wäre die Umplanung des Bahnhofs in Balingen, dem immer mehr Umsteigefunktion zwischen Fern- und Nahverkehr zukommen würden.

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Hier gibt es einen interessanten Plan der „Plan Baumeister“ bekannt geworden ist.

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Sehr geehrte Damen und Herren, vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich hoffe, wir konnten einige Anregungen im Bereich des Bahn Fernverkehrs, Regionalverkehrs und Nahverkehrs setzen.

In etwa vier Wochen – am 5. März – sehen wir uns wieder zum Thema „Medizinzentrum Hechingen“.

Vielen Dank & bleiben Sie gesund!

Einladen (siehe oben) und:

  • Stadt Albstadt
  • Dr. Seidemann
  • Kersten Zaar

One Reply to “Stadtbahn Zollernalb”

  1. Guten Morgen,
    ihre Zukunftsmusik klingt in meinen Ohren ( Pendler aus KBS 766 ) wie der absolute Hohn.
    Sie sollten mal ein paar Wochen lang die morgentlichen und abendlichen Züge benutzen, dann erleben sie live
    welches miese Angebot z.Z. auf KBS 766 herrscht. Mit schöner Regelmäßigkeit fallen Züge aus ( wir bitten um ihr Verständnis ) Eine durchschnittliche Verspätung von einer Stunde ( meist mehr, selten weniger ) auf die Woche gerechnet ist normal. Aber leben sie ruhig weiter in ihrer Phantasiewelt.
    S.P.

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