Landes-CDU „zu 90 Prozent verantwortlich“

Regelmäßig gibt es dort Staus, wo die vierspurig ausgebaute B 27 bei Bodelshausen in einen zweispurigen Abschnitt mündet. Politik und Wirtschaft aus dem Zollernalbkreis fordern seit Jahren den kompletten Ausbau. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Die täglichen Staus auf der Bundesstraße 27 nimmt die „Bürgerinitiative Infrastruktur Zollernalbkreis“ zum Anlass, an einen „Jahrestag des gebrochenen Versprechens“ zu erinnern.

Zollernalbkreis (lh). Albert Sauter, einer der Sprecher der Initiative, macht deutlich, dass 50 Jahre nach dem Versprechen, die B 27 zwischen Balingen und Stuttgart durchgehend vierspurig auszubauen, nun Taten folgen müssten.

1961 hatte das Land laut Sauter eine Verkehrsstudie in Auftrag gegeben, aus der hervorging, dass die B 27 von Donaueschingen über Balingen und Hechingen bis Stuttgart so stark befahren war, dass ein vierspuriger Ausbau geboten schien. Noch im selben Jahr beschloss der Landtag, dieses Konzept umzusetzen.

Damals wurde überlegt, die B 27 zur Autobahn aufzuwerten. Die Nummer, so Sauter, gab es schon: A 83. Nach seinen Angaben versprach Oberregierungsbaudirektor Autenrieth 1969 in Ebingen, dass die B 27 über ihre ganze Länge als „zweibahnige, autobahnähnliche Straße“ ausgebaut werden sollte. Mitglieder der CDU Zollern­alb und der Jungen Union Balingen demonstrierten 1971 in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn, um den zügigen Ausbau der B 27 anzumahnen, und übernachteten in einem Zelt vor dem Bundesverkehrsministerium.

Danach geschah nicht viel, bis viele Jahre später die Bundesstraße von Stuttgart bis Tübingen vierspurig ausgebaut wurde und dann von Bodelshausen bis Balingen – aber eben nicht durchgängig. Sauter nennt als angeführte Verhinderungsgründe die Ölkrise in den 1970er-Jahren, kleinere Wirtschaftskrisen in den 1980er-Jahren und die massiven Kosten der deutschen Einheit in den 1990er- und 2000er-Jahren.

Gleichzeitig zur Stagnation im Ausbau der Verkehrsinfrastruktur verzeichnete der Zollernalbkreis den Niedergang der früher starken Textilbranche, der Möbelindustrie und den Rückzug der Landwirtschaft. Auf der positiven Seite nennt Sauter das Aufkommen der Hersteller von medizinischen Geräten, das Erstarken des Maschinenbaus und der Metallverarbeitung in der Region. Jahrzehntelang lag die Arbeitslosenquote im Zollernalbkreis über dem Durchschnitt – nach Ansicht Sauters auch wegen der einseitigen Gewerbestruktur mit Dominanz der Metallverarbeitung und starker Abhängigkeit von der Automobilindustrie. Er bemängelt die geringe Zahl an hochwertigen Dienstleistungen und Verwaltungen, die sich mangels Infrastruktur nicht im Zollernalbkreis ansiedeln könnten. Trotzdem sei heute praktisch Vollbeschäftigung erreicht worden.

Das Fazit des Unternehmers: „Die Menschen waren fleißig und haben ›geliefert‹, die politisch Verantwortlichen haben nicht mitgezogen.“ Nach Sauters Ansicht ist die CDU, die 60 Jahre lang in Baden-Württemberg regiert und die meisten Ministerpräsidenten gestellt hat, „zu 90 Prozent“ für die Stagnation in Sachen B 27 verantwortlich. Er wirft der Landes-CDU vor, sie habe ihren Einfluss auf Infrastrukturprojekte des Bundes nicht nachdrücklich genug geltend gemacht. Auch habe die baden-württembergische Union versäumt, den Posten des Bundesverkehrsministers einzufordern: Es habe mit Matthias Wissmann lediglich einen Bundesverkehrsminister aus Baden-Württemberg gegeben – im Vergleich zu Bayern mit 19 Verkehrsministern. „Kein Wunder, dass die Infrastrukturentwicklung in Bayern viel weiter gediehen ist als in unserem Ländle“, merkt Sauter an. Er geht aber auch mit den SPD-Bundestagsabgeordneten hart ins Gericht, weil sie sich ebenfalls nicht mit Nachdruck um das Anliegen Ausbau der B 27 gekümmert hätten.

Als Bremser macht Albert Sauter auch die Stadt Tübingen aus. Diese habe seit den 1970er-Jahren parteiübergreifend Position gegen einen vierspurigen Ausbau durch Tübingen gezogen. Dabei gab es 1994 schon einmal eine konkrete Planung: die nach dem damaligen CDU-Regierungspräsidenten Max Gögler benannte „Gögler-Trasse“. Diese sollte tiefergelegt mit einem geschlossenen Deckel durch die Tübinger Südstadt auf dem bisherigen Verlauf der Bundesstraße gebaut werden. Diese nach Ansicht Sauters „sinnvolle und ökonomische Trassen-Variante“ wurde aber von der Stadt Tübingen schließlich vom Tisch gebracht, ebenso wie der nächste Vorschlag von Regierungspräsident Hubert Wicker.

Sauter übt auch scharfe Kritik an der Vielzahl von Rechtsauflagen, welche eine schnelle Realisierung des Projekts Ausbau der B 27 behindern, etwa aus Gründen des Lärmschutzes oder des Schutzes von Kröten und anderen Tieren. In der Ägide der Ministerpräsidenten Erwin Teufel und Günther Oettinger seien zahlreiche Stellen von Straßenplanern in den Behörden gestrichen worden. Nun sei das Geld für neue Straßen da, so Sauter, aber es gebe zu wenig baureife Planungen.

Ein Lichtblick für den Balinger Unternehmer ist indessen, dass das Planfeststellungsverfahren zum Ausbau der B 27 zwischen Bodelshausen und Nehren noch in diesem Jahr beginnen soll. Auch beim Tübinger Schindhaubasistunnel soll es verwaltungstechnisch weitergehen.

Sauter ruft die CDU-Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut auf, sich weiterhin für ausreichende Mittel für den Ausbau der Infrastruktur einzusetzen und mit dafür zu sorgen, dass Planungskapazitäten aufgestockt werden. Dazu sollten nach seiner Meinung auch „unnötige und bremsende Rechtsauflagen“ abgeschafft und Planungsverfahren beschleunigt werden.

Zum Originalartikel (Link)

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