Sehr geehrter Herr Hahn,
am Mittwoch letzter Woche war im Zollernalbkurier vom politischen Ansinnen der Balinger CDU Fraktion im Gemeinderat zu lesen, Blitzer auf der B 27 aus Lärmschutzgründen und zur Generierung „guter“ Bußgeldeinnahmen aufzustellen.
Das ist ein durchaus bedenkenswerter Vorschlag.
Immerhin ist mit „Lärmschutz“ dieses Mal der wahre Grund für die geschwindigkeitsbeeinfllussende Maßnahme auf der B 27 genannt. Den zweiten Grund für den Blitzer, die Balinger Stadtkasse auf Kosten der Pendler und der Frauen und Männer aus unserem Landkreis zu befüllen, die über die B 27 fahren (müssen), lasse ich mal als fragwürdig dahingestellt.
Beim Thema Lärmschutz muss doch gefragt werden, ob dies ein legitimer Grund dafür ist, eine so wichtige Verkehrsader mit Radar-Fallen zu versehen? Wäre es eine Wohngebietsstraße oder eine Gemeindestrasse, dann soll das die betroffene Gemeinde unter sich ausmachen. Jedoch bei der B 27 sind nahezu alle rund 180.000 Einwohner unseres Landkreises mehr oder weniger direkt betroffen. Stellen wir uns vor, jemand fährt unachtsamerweise 160 statt 120km/h. Dann fällt deswegen in Engstlatt niemand aus dem Bett. Der Betroffene jedoch, der aus Endingen, aus Schömberg, aus Obernheim oder sonstwo herkommen mag, muss – wenn er oder sie geblitzt wird – neben einer hohen Strafe auch um seinen oder ihren Führerschein fürchten. Schaffen wir so mehr Lebensqualität und Rechtsfrieden ? Wollen wir ein zweites „Pliezhausen“? Sicherlich nicht !
Was ist dann aber mit dem Wunsch nach Lärmschutz? Zuerst einmal braucht sich jemand, der in Engstlatt oder in Hechingen in der Nähe B 27 ein günstiges Haus kauft, später nicht wundern, dass es eben etwas lauter ist. Dass der Lärm dennoch weiterhin da ist und nervt ist verständlich, genauso wie der Wunsch nach mehr Lärmschutz. Muss aber dieser Wunsch immer zulasten der Allgemeinheit gehen? Ein Land in dem Alle die Wünsche Einzelner befolgen müssen, kann nicht funktionieren. Dass es für die betroffenen Kommunen billiger ist, ein Verkehrsschild aufzustellen, als eine Lärmschutzwand zu bauen, ist auch klar. Aber im Fall von Durchgangsstraßen allgemein und im Fall der B 27 im Besonderen ist eben nicht die billigste Lösung die beste für Alle. Kurz gesagt: Eine Lex „Engstlatt“ wäre unsolidarisch gegenüber den anderen Einwohnern in unserem Landkreis. Mehr Lärmschutz gerne, aber bitte nicht auf dem Rücken der Pendler. Andere Möglichkeiten gibt es viele, wie Lärmschutzwände, Flüsterasphalt, etc.
Leider aber ist „Lex Engstlatt“ ist kein Einzelfall: So wird in Hechingen über Tempo 80 auf der B27 nachgedacht und in Albstadt über Tempo 30 auf der B463. Staus wären die Folge. Als ob wir davon nicht schon genug hätten. Alle diese Beispiele zeigen leider deutlich, dass jede Kommune nur das Einzelinteresse einiger Bürger im Auge hat und keine Verantwortung für die Bürger übernimmt, die in anderen Gemeinden wohnen und dort fahren müssen.
Diese Haltung bringt uns nicht weiter. Wir sind im Zollernalbkreis ohnehin schon weitgehend von guter Infrastruktur abgeschnitten, so dass es doch unser Ziel sein müsste, zusammenzustehen und gemeinsam für mehr zukunftsweisende Bahn-, Strassen- und Dateninfrastruktur zu kämpfen, als für weniger. Vierspurige bis nach Tübingen zu kommen oder mit der elektrischen Bahn von Sigmaringen nach Stuttgart fahren zu können, das sollten unsere Ziele sein ! Unsere gemeinsamen Ziele.
Die B 27 ist als Schnellstrasse nach Süden und vor allem nach Norden gedacht. Deshalb haben unsere Landesväter und Landesmütter damals viele Millionen Mark an Steuergeldern in den vierspurigen Ausbau im Zollernalbkreis gesteckt. Wir dürfen doch nicht selbstsüchtig später einreißen, was damals mit großem Aufwand aufgebaut worden ist.
Deshalb bitte ich Sie, sehr geehrter Herr Hahn, Ihre politische Agenda an dieser Stelle zu überdenken, Verantwortung für ganz Balingen und darüber hinaus zu übernehmen und mit gutem Beispiel voranzugehen, den Zollernalbkreis solidarisch weiterzuentwickeln und nicht rückwärts zu marschieren.
Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen aus Frommen
Ihr Albert Sauter
PS: Die zusätzliche Herabsetzung der 130 km/h auf 120 km/h nachts der B 27 auf Höhe Engstlatts erfolgte in klarer Erwartung, keine Radarfallen aufzustellen. Mir scheint, dass diese Gegenleistung in „Vergessenheit“ geraten ist. Gerne lasse ich Ihnen das entsprechende Dokument zukommen.
PPS: Gerne biete ich einen Meinungsaustausch zu diesem Thema an, auch gerne mit Herrn Jetter.
Kopien an:
- Zollernalbkurier
- Schwarzwälder Bote
11 Replies to “OFFENER BRIEF ZU: Blitzer auf der B 27”